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GESCHRIEBIGTES / GEDICHTIGTES 1997 [Teil 2]
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Schöne-Junge-Mädchens
Die kalte Luft
Unbedingt nach Peter Weiss
Wir sitzen rund dem Tisch
Ich hab es da zersplittert machen
Wie grandios die Wachen
Wie Heut die Lepradakken
Trunkene Stimmen
Die Welt dreht sich zu schnell
Unterbreche nicht den Schlaf!
Schön-Wild hast du mir in die Zähne
 

„Hier“, sagt sie, „verschling mich!“
Barking dogs don’t bite
Zuck, zerbrechen die Maschinen
Schonwiedermal
Das Lappenhandtuch reibt
In Wolken schweben auf nichts
Leichte Effekte
Schönheitswidrig
Die Schleime schluchzen
In eleganter KaZet-Uniform
Dem Kostenmeister

+ + + + + + + + + + + + + + + + +

[1. August 1997]

SCHÖN-JUNGE-MÄDCHENS

Sechzigjahre
Der Ausgangspunkt, verzweigte Hinterbudenladen
Das Schwitzbad, heisser viel,
als erste New-York Immigranten-Sommers Hitze
und wälzen Tausend
der verflochtenen Fleischklumpen-Damen
im Höllenofen des verfett´ten Widerstandes
das ist das Paradies
so ist´s
in der Zusammen-Schwesterschaft
ein jeder dampft allein für sich verzwickt
sein unerwartet´ Märchen und Novella

Und ich bin kleiner, doch schon ein Mann —
und nunab weiterhin von diesem Schweissbad weg —
die kolossalen Statuen —
von das sind nackte Mamas, so ausschauen?
erkennen mich total nicht an, als Herr ob Feind, ob Freund —
 

+ + + + + + + + + + + + + + + + +

[3. August 1997]

Die kalte Luft
drängt sich
durch diese ungehobelt Bretter-Spalten.
Weisst du
was philosophisch-so-gesprochen
Was Kälte ist?

+ + + + + + + + + + + + + + + + +

[3. August 1997]

UNBEDINGT
nach Peter Weiss´s Auschwitz-Lesen,
muss ich Ice-Cream essen.

Wo war ICH?
War DA NICHT.
War anderswo.

Wie kann man in solchem Orte
überhaupt gewesen sein?

Ich war in manchen Orten,
wo das Ice-Cream Essen nicht gestattet war.

Jetzt kann ich nimmer in das Ice-Cream schluchzen.
Und aus dem Auschwitz sind gewachsen Ice-Cream-Söhne.
 

+ + + + + + + + + + + + + + + + +

[25. August 1997, Woodstock]

Wir sitzen rund dem Tisch.
Die Frau ist Anti-Lutze.
Du wolltest es doch so
das Frauchen, dass nicht so . . .
Ich, so erfordert — trügerisch
Dich dutze.
Es geht bergab.
Ist kein Verhöhr.
Wahr-haftigs-mäss: ist kein Gespräch
ist kein zwei-zwistiges
abrupt Gebet
das wir zum
Därme-Austausch
basteln müssen,
in unsrem Garten blühender Gesetze
Justiz-Schwämme
DU:
Anti-gucke Anti-Lutze
Nie um die Ecke rückwärts gucke
Anti-Gucke —
falschgesehne
falschgeliebte
fehlgeliebte —
DU: ant-Liebe Anti— Ljubow

DU: ANTI-LJUBA!
DU: ANTI LJUBOW TRESKUNOWA!
 

+ + + + + + + + + + + + + + + + +

[9. September 1997]

Ich hab es da
zersplittert machen,
dass nur die Affen —
über die Sachen lachen

den eingeweinten Brei mit Zucker schmachten

auf schöngehobeltem, zaristischem Parketteboden
auf einem ausgetragnen Laken
alldas, was darauf platzt
zusammenhaken

mit beissend kochend Roter Pfefferfarbe
in ausgesuchten — grad jetzt — Orten
mit vollsturm Wagekraft
die brennenden Instanzen dieses zukünftigen Feldzugs
genau! wo so´s passieren wird —
mit diesem blühend Pfeffer-Rotblut
in Geometrische Quadrate
geburtsgetreu! und immer alleswissend
mit zitternd krämpfend harter Hand
erbarmungslos, nun
einzuzeichnen.
 

+ + + + + + + + + + + + + + + + +

[2. Oktober 1997]

Wie grandios die Wachen
in ihren Kerkerkammern,
ihr Freisein stramme stolzen!
sowie die Liebchen — nun! —
auf ihrige Verehrer
in deren Ruhmes rostig Panzerketten
— kotzen

Längst schon verstunken — Nein! —
die liebe Ausstoss-frohe
Ländlein-Massenherberge

und was da drin
im schielgeworfnen Blumenstrauss
muss wieder raus alsdann es mich verrecke
— im Darm
Totaler Krieg
verknüpft

Du blonde Schlinge— Baltenjungfer
wie schön war´s doch — für dich!
als du mich durch dein Loch
in meines Löwenherz, zu Mord
geschossest!
 

+ + + + + + + + + + + + + + + + +

[11. Oktober 1997]

Wie Heut
die Lepradakken
wegen des Russland-Todes,
auf eisernen Balkanen-Kugeln,
die eignen roten Eier fressen —

Sodann
ins Heil der Zukunft eingesalzte Börsenschweine
den Siegesflug nach Rom Eterna —
auf Adlersflügeln da schon angekommen,
derselben eingeweinte Eingeweide
mit Köpfejäger schrumpften Christusköpfchen
zu Ketten-Kettenwürsten
Sprengstoffstopfen —

Wer wird
das Angebot denn immergierig leckern —
 

+ + + + + + + + + + + + + + + + +

[14. Oktober 1997]

Trunkene Stimmen
schleppen die Töne —
Langsam in Ferne
rauschet das Höhnen
— Ist´s auf ´ner Insel
tiefe im Walde? —
Echos ab Himmel
minus der Sterne,
hundlosen Jaulens
zimpernder Stücke
stapelnder Witze —
schüssiger,
Heimatsgrüsse.
 

+ + + + + + + + + + + + + + + + +

[18. Oktober 1997]

Die Welt dreht sich zu schnell: ich protestiere!
Es ist schon drei Uhr — und ich bin noch verschlafen.
Kannst du nicht langsamer auf den verkalkten Schienen
Rückgang puffen?

Das Telefon rasiert zu schnell
ob klingelt öde überhaupt nicht —
zu allen, die schon lebendig schlafen —
und nicht aus Altersfragen —
die niedlich´ Babies schnarchen hollywoodster.

Der Fernsprecher hat nichts zu sagen
ausser stossen:
und sowieso kann´s nicht verstehen
die Wall street-art-world fart-world
raffinierte Strategien.

Die Faxe braten Beethovens Sonatas
aus eingedrillten Satelliten
in uns´re Orgie hinab —
Gib Schwung! Verwehen!
Durchs allesimmertötend Universum-Reich —
die Eingekrümmelten, zu Heldenkämpfen zu erregen:

Du, Welt!
HAST ZEIT!
Mach´s langsamer
auf Kinderstube.
 

+ + + + + + + + + + + + + + + + +

[20. Oktober 1997]

Unterbreche nicht den Schlaf!
genauer, Halbschlaf
das Allerwichtigste.
Ideen kommen da
die nicht "wissenschaftliche"
das heisst "mechanische"
in unverheilter Weise
das sind die Grössten,
werden dann zu Ausschlaggebenden.

Wer schaukelt in der Wiege seiner ewig Mutter
ist kein fauler Wettlaufrenner.
Wer schlummert tagslang in dem New York Keller
ist nicht der unbedingte Faulpelz
der die Post-Mod behelle.
Wer tot-schläft in KaZetten, hindurch den Appellen
ist nicht der Schlafschwanz,
der Schule Dritter Sperre.

Der Oben Da, der hat beschlossen
sich längst zu entschlafen.
Deswegen, um das Garnichts überwinden
muss man loyal
mit Schlafe kompensieren.
 

+ + + + + + + + + + + + + + + + +

[20. Oktober 1997]

SCHÖN-WILD
hast du mir in die Zähne eins geschmiert
mein Herz zum Klampern machen —
Der Schreck verblüfft die Furcht
jetzt krieg ich wieder Mut,
zum Anzufassen.
Ganz ruhig, mit nem Schmunzel, minus Wut.

Bald krieg ich meine Arme rum den Hals
und zerre dich zu sich, fast liebehaft,
und streck‚ mein Bein, für dich,
zum delikaten Stolpermachen.
Dann werde ich die Schultern
dir auf die Diele schweissen.
 

+ + + + + + + + + + + + + + + + +

[22. Oktober 1997]

"Hier", sagt sie, "verschling mich!"
Verschlungen, wird sie gut belohnt,
denkt sie.
Ich werde wirklich doch verschlungen.
Und zahle dafür darum gar nichts.
Doch —
mit mein´ Gehirn, ins Schwarze
Universums Loch.
 

+ + + + + + + + + + + + + + + + +

[22. Oktober 1997]

Barking dogs don`t bite
ARTISTEN
Wieviele schoine Frauleins
in den Porschen,
flehen meine Augen
aufzustehen
mit Pistolen

ABENDLÄNDNERN
stehen in den Hosen
Mauser-Röschen.
 

+ + + + + + + + + + + + + + + + +

[2. November 1997]

Zuck, zerbrechen die Maschinen.
Heil, in der Kunst! —
es gibt mehr keine Stile

Golden Blut —
fliesst in den puff´sten Madison´schen
Mammut— Boutique Vitrinen

Vorbei an üblichen Kolonnen
der nicht mehr meiner Juden.
 

+ + + + + + + + + + + + + + + + +

[3. November 1997]

Schonwiedermal

enthüllen schlampe Lappen, auf dem nassen

Pariser Trottoir

verblasene Gedanken, die aufgehäuft
wie die verloren-habenden Matratzen
verduftend in gescheitert Graugott-Wolken

die Prostitute mit den steilen Hacken

zum Wiederleben, auf den streckbaren Asphalten,

zu sich ins Wässerige zieht

die Steinestrassen
nicht zu bepflastern.
 

+ + + + + + + + + + + + + + + + +

[3. November 1997]

Das Lappenhandtuch reibt die starren Knochen —

Die Utensilien — der Löffel — vergeben ihres Joches.

Und scheinbar stehen heisse Pellkartoffeln

bereit zum Abmarschieren in das Hoffen,

ins immer dort und überall jenseits gewiss geleg`ne

Schlaraffenland des Liebeshoppens.
 

+ + + + + + + + + + + + + + + + +

[16. November 1997]

In Wolken schweben und nichts sehen
die Stilligkeit — des neuen Gulden-Meisters
Atrophäen

Die beste Zeit, die habt ihr schon verpasst
da, als die Fahnen steile wehten
auch die Gulagen verkalten ins Gold-Rot
— byzantium-religiösisch
auch die KaZetten, phantastisch in der Scheusslichkeit
so märchenhaft —
Die Zukunft, die nicht kam in Gottesschreck
mit Glauben des Chossids, des greisen Onkel Moisches Tat —
freiwillig in die Feuer stürzen

Brutale Freiheitskämpfe, mit Massengräbern, leider.
Kultur-Revolution, mit ´brochen Knochen, leider.
Den letzten Kampf der Desperados der Geheimen Christen —
die habt ihr ja verpasst — auf Wiederleben!

Mein hinkender Genosse und mein schmutzig Kamerad
— auf Wiedersehen.
 

+ + + + + + + + + + + + + + + + +

[22. November 1997]

Leichte Effekte —
schwere Steine
platzen.

Die, rasen.
Wir, kriechen langsam.

Die fressen Süssigkeiten.
Wir feine-schmecken,
das Eingesalzte Übersalzte.

Die haben Kummer
über die Heldensagen,
die verkrochen.

Wir singen —
die Niederlagen.

Die, steinern
weg —
wir wehen mit den Narben.

Wir schmerzen brach.
Die spielen mit den Geigen:
Ihr Raubzug um den toten Katzenkopf
ist längst mit Ruhm erledigt.

Der Blutfeldzug
der stummen Löwenkätzchen
braust durch die Allernächte
der Hoffnung vielleicht nimmer kommend
Tagesrausch —
die Äuglein nochmals vor den Siegen
blindend.
 

+ + + + + + + + + + + + + + + + +

[25. November 1997]

Schönheitswidrig —
er hat sich eingesessen, in den Affären.
Er schlummerte beitage auf den Stelzen.
Er —
aufgewachte —
mit liebehaftigen Armen ´rum die Götzin.

Er schlingte einer Hure um die Fetzen.
 

+ + + + + + + + + + + + + + + + +

[27. November 1997]

Die Schleime schluchzen
mit schuldig zitternd Herzenshieben
wenn man im Greu´l
der nassen Niebelungen-Schiessernächte
Erlesung machen muss von vielen schönen
Frauensilhouetten —
ob Mutter Schwester ob Geliebten —
auf schmierigen Markt— Strasse Pfützen

die Feigheit mit Machetenstössen
von sich, in andere zu stossen, rauskalkuliert,
sich nicht entscheiden kann,
von welcher Geistin mürbe vergewaltigt werden,
der blonden dünnen dicken schlampen
statuesquen Getto-schmeichelnd
Schwester der Barmherzigkeit —
entmannt sich dann dem zu entrennen,
der Hässlichsten von ihnen sich zu entfremden.
 

+ + + + + + + + + + + + + + + + +

[29. November 1997]

In eleganter KaZet— Uniform gekleidet
des Anno, April 1945
und ohne jeglicher Klamotten, nur dem noch-steifen
Kunst-Malheur-Pinsel — —
drin´ kostbarstem
und bolschewistisch rothaarigem Porsche-Renntier Flitter
und luxuriöser Massenherberge, auf den Kurfürsten,
erreich´ ich wiedermal, im Anno Neunzehn-sieben-neunzig,
Vereinigten Berlins Altneulands Sowjet-Reichs Ruinen,
den Lebenslauf, der Einzig-Weltmachts Judenfürsten,
im Klapper meiner 73 Zähne
durch Fusshieb-Schritt der jubelnd nazi Siegeshorden
durch Schritt-im-Tritt totspielender KaZet-Kolonnen
zu durchkreischen.
 

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[5. Dezember 1997]

Dem Kostenmeister
der Siegesfeuer
einhundertmal
entronnen
worden.

Dem Abschlachtssaug
der Friedensdürre
eintausend hohler Mahlzeiten
vertropft
doch nicht vollkommen
sich verronnen.

Er sträubt wie Katzenbuckel,
dem die grösste aller Mäuse
— nur die Kleinsten!
wurd´
entkommen.
 

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